August Sander: Das Gesicht der Landschaft

Gestern eröffnete Bürgermeister Peter Wirtz im Siebengebirgsmuseum die Ausstellung „August Sander: Das Gesicht der Landschaft“. Die Ausstellung zeigt Panorama-Ansichten im Landschaftswerk des Fotografen, zudem Straßen und Ortsansichten, Ansichten von Baumgruppen, von Wegen und Wäldern, von Gesteinsformationen und der Vegetation bis zu Nahansichten einzelner Pflanzen. Vor allem war der Naturliebhaber August Sander über die aufzufindenden Orchideen erfreut. Sanders Aufnahmen zwischen Mikro- und Makrokosmos entstanden überwiegend in den 1920er/30er Jahren. Sie repräsentieren eine seinerzeit moderne ästhetische Auffassung im Kontext der sachlich dokumentarischen Fotografie. Die in die Ausstellung einbezogenen analog erarbeiteten über 70 Abzüge entstanden auf Basis der von August Sander hinterlassenen, originalen Glasplattennegative und wurden in den 1990er bis in die 2010er Jahre in der Photographischen Sammlung/ SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln, handgefertigt. Einige der Motive können auf diese Weise zum ersten Mal vorgestellt werden. Ähnlich wie bei seinen Portraits verfolgte der Fotograf die Absicht, den Charakter einer Landschaft oder Region zu beschreiben suchten. Sander selbst sprach von einer „Physiognomie der Landschaft“ – womit er vor allem die Wechselwirkungen zwischen natürlichen Gegebenheiten einerseits und den Folgen und Spuren menschlicher Aktivitäten andererseits bezeichnete. Ein Schwerpunkt widmet sich dem Berg Wolkenburg im Siebengebirge, der als einer der beliebtesten Aufenthaltsorte August Sanders seit Ende der 1920er Jahre gilt und dessen historische und naturräumliche Bedeutung sich in seinem Werk in einer differenzierten fotografischen Überlieferung spiegelt.

Der Fotograf August Sander (Herdorf/Westerwald 1876 – 1964 Köln) genießt heute international hohe Anerkennung als Wegbereiter einer Positionierung der Fotografie unter den modernen künstlerischen Medien. Seine Arbeiten sind in vielen großen Sammlungen innerhalb und außerhalb Deutschlands – sehr stark auch in Museumssammlungen in den USA – vertreten. Zahlreiche Ausstellungen und Veröffentlichungen würdigten und würdigen sein Werk.
Mit ihrer Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit spielt in diesem Zusammenhang die Kölner Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur eine wichtige Rolle. Denn dort wird mit dem August Sander Archiv der weltweit größte Bestand zum Werk des Fotografen betreut. Oft schon stand in der Vergangenheit Sanders Portraitwerk „Menschen des 20. Jahrhunderts“ im Zentrum der Rezeption, wenn auch einzelne Publikationen und Ausstellungen sich mit Sanders Arbeiten auf dem Gebiet der Landschaftsfotografie befassten. Mit dem aktuell geplanten Projekt soll dieser Aspekt unter der speziellen Themenstellung von Sanders „Rheinlandschaften“ vertieft werden.
Ein zentraler Schwerpunkt der Arbeit des Siebengebirgsmuseums mit der Stadt Königswinter und dem Heimatverein Siebengebirge bezieht sich auf die Rezeption von Landschaft in unterschiedlichen Manifestationen wie Literatur, Malerei oder Fotografie. Die letztere künstlerische Disziplin wurde bisher im Rahmen von Sonderausstellungen mit Arbeiten zeitgenössischer Fotografen gewürdigt. Das neue Projekt eröffnet dagegen eine historische Dimension: Die Wahrnehmung und der Wandel von Landschaft sind zentrale Motive vieler Fotografen, unter denen August Sander bis heute eine unbestritten prägende Position einnimmt. Seinen Wahrnehmungsweisen und Themen nachzuspüren, stellt dabei eine besondere Herausforderung dar, die im Kontext der Arbeit des Siebengebirgsmuseums einen passenden Rahmen findet.

Königswinter, 29. November 2017